Aufgrund eines Erbvertrages haben Peter und Pia Müller den einzigen Sohn zum Alleinerben des Überlebenden bestimmt. Nach dem Tod von Pia Müller heiratete der vermögende Peter Müller erneut, die zweite Ehe blieb kinderlos. Noch zu Lebzeiten hat er Teile seines Vermögens seiner zweiten Ehefrau Gurdrun zukommen lassen. Nach dem Tode seines Vaters verlangt der Sohn von Gudrun Müller die Rückzahlung des Geldvermögens, die Aufhebung und Löschung des Nießbrauchs sowie die Räumung und Herausgabe des mit dem Nießbrauch belasteten Hausgrundstücks. Der Sohn behauptet, die Vermögensübertragungen an die zweiten Ehefrau seien erfolgt, um ihn zu benachteiligen.
Aufgrund eines Erbvertrages haben Peter und Pia Müller den einzigen Sohn zum Alleinerben des Überlebenden bestimmt. Nach dem Tod von Pia Müller heiratete der vermögende Peter Müller erneut, die zweite Ehe blieb kinderlos. Noch zu Lebzeiten hat er Teile seines Vermögens seiner zweiten Ehefrau Gurdrun zukommen lassen. Nach dem Tode seines Vaters verlangt der Sohn von Gudrun Müller die Rückzahlung des Geldvermögens, die Aufhebung und Löschung des Nießbrauchs sowie die Räumung und Herausgabe des mit dem Nießbrauch belasteten Hausgrundstücks. Der Sohn behauptet, die Vermögensübertragungen an die zweiten Ehefrau seien erfolgt, um ihn zu benachteiligen.
Herausgabe des Geschenks. Ist in diesem Fall der § 2287 BGB anwendbar? Die Überschrift lautet: „Den Vertragserben beeinträchtigende Schenkungen“. Danach kann der Vertragserbe nach der Erbschaft von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenks nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern – und zwar dann, wenn der Erblasser die Schenkung mit der Absicht gemacht hat, den Vertragserben zu beeinträchtigen. Bei der Vorschrift handelt es sich um eine Schutzvorschrift für den Vertragserben. Sie bietet Schutz vor den dort ausdrücklich genannten Schenkungen sowie vor sogenannten unbenannten Zuwendungen unter Ehegatten.
Fünf Bedingungen. Die Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 2287 BGB sind erstens: Der Erblasser muss durch eine Schenkung verfügt haben. Zweitens: Die Schenkung muss nach Abschluss des Erbvertrages beziehungsweise gemeinschaftlichen Testaments vorgenommen worden sein. Drittens: Es muss eine objektive Beeinträchtigung des Vertragserben vorliegen. Viertens: Der Erblasser muss die objektive Beeinträchtigung des Vertragserben auch beabsichtigt haben. Es reicht aus, dass die Beeinträchtigung – neben möglicherweise anderen Motiven – gewollt war. Letztlich kommt es darauf an, ob die Schenkung ihrem Inhalt nach darauf gerichtet war, den Erbvertrag zu korrigieren. Fünftens: Es muss ein Missbrauch der Verfügungsfreiheit vorliegen. Die Absicht, den Vertragserben zu beeinträchtigen, wird daher am lebzeitigen Eigeninteresse gemessen.
In der Rechtsprechung. Dieses ist in der Rechtsprechung in folgenden Fällen bejaht worden: Wenn der Erblasser die Schenkung gegenüber einer jüngeren Ehefrau im Hinblick auf die spätere Betreuung und Pflege gemacht hat oder wenn die Übertragung eines Geschäftsanteils auf einen Mitarbeiter erfolgte, um diesen im Betrieb zu halten. Ein lebzeitiges Eigeninteresse des Erblassers wurde in der Rechtsprechung in folgenden Fällen verneint: Wenn der Erblasser nach Abschluss des Erbvertrages zum Beschenkten eine enge persönliche Beziehung entwickelte und durch die Schenkung seine Zuneigung bekunden wollte. Oder aber, wenn die Schenkung darauf gerichtet war, die Verfügung von Todes wegen zu korrigieren. Selbst wenn ein berechtigtes Eigeninteresse vorliegt, ist immer zu prüfen, ob die lebzeitige Verfügung im Einzelfall nicht sittenwidrig ist.
Die Lösung. Da Herr Müller offensichtlich kein lebzeitiges Eigeninteresse hatte, erfolgten die Schenkungen in der Absicht, den Sohn zu benachteiligen. Dieser wird mit seiner Klage gegen die Witwe Erfolg haben.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht und Familienrecht